"Der Blick in ihre Augen war verblüffend"
von Silvana Ceschi
Tausende pilgern jährlich ins deutsche Balduinstein, um bei Mutter Meera neue Kraft zu schöpfen. Das Geheimnis der charismatischen Inderin ist ganz einfach: Sie umarmt die Menschen und schaut ihnen tief in die Augen.
"Zu Mutter Meera wollen Sie?" Der Taxifahrer ist sichtlich erfreut,
als er das Fahrziel vernimmt. Er sei auch schon bei ihr gewesen, erzählt
er während der rund 20-minütigen Fahrt durch die hügelige Landschaft
von Limburg an der Lahn bis Balduinstein. Grad kürzlich zum ersten Mal
- obwohl er doch seit Jahren in der Gegend wohne. Manche Menschen hier würden
die Meera nicht einmal kennen. Erstaunlich, nicht wahr? Wo doch Leute aus der
ganzen Welt ihretwegen anreisen, aus England, Holland, ja sogar aus Australien,
den USA oder aus Kanada, um sie zu besuchen. Auch er habe ja erst durch diese
Auswärtigen von ihr erfahren. Und weil ihm all die Fremden so begeistert
von dieser Frau erzählten, habe er sich irgendwann selbst in die Kolonne
der Wartenden begeben. "Und was dann geschah - ich weiss gar nicht, wie
ich es Ihnen beschreiben soll. Als ich in ihre Augen schaute, war es, als ob
Strom durch mich hindurch fliessen würde."
Seit genau 20 Jahren lebt die in Indien als Heilige verehrte Mutter Meera in Deutschland und gibt Menschen ihren Segen, genannt Darshan. Das Besondere an ihr: Sie hat in keiner Weise vor, irgend jemandes Glaubensrichtung zu ändern. Ganz im Gegenteil: "Ich bin gekommen, um zu sagen, dass alle Wege, die die Menschen beschreiten, gleich gut sind und zu Gott führen und dass die Gläubigen deshalb den Weg jedes anderen achten sollten. Muslime, Christen, Hindus, Buddhisten oder Angehörige anderer Religionen - sie mögen an ihrem Glauben festhalten, doch sollten sie sich nicht gegenseitig hassen oder bekämpfen. Alle Religionen sind Flüsse, die zum Meer hinführen."
Der beste Beweis dafür, dass es ihr nicht darum geht, aus der Not der Menschen ein Geschäft zu machen: Ihre Dienstleistung ist kostenlos - und wortlos.
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Stilles Wirken
Obwohl Meera in Indien als eine Wiedergeburt der göttlichen Mutter verehrt wird, macht sie nur ungern Aufhebens um ihre Person. Ganz im Zeichen ihrer Völker verbindenden Mission hat sich die bald 41-jährige Inderin zurückgezogen in ein kleines Dorf in der Nähe von Frankfurt. Vergeblich sucht man nach einem Wegweiser, der zu ihr führen würde, ja nicht einmal das Haus, in dem sie viermal die Woche ihren Segen verteilt, ist beschriftet.
Und doch finden jährlich rund 20 000 Menschen aus der ganzen Welt zu ihr. Männer und Frauen aller Glaubensrichtungen, Altersklassen und sozialer Schichten, Arbeitslose ebenso wie Milliarden schwere Hollywoodstars.
Im Gegensatz zu anderen Inkarnationen der göttlichen Mutter, die ebenfalls Darshan geben, verläuft die Begegnung mit Mutter Meera in absoluter Stille: "Die Menschen sind zu geschäftig, sie sitzen zu selten still. In der Stille aber kann man mehr aufnehmen, weil dann alle Tätigkeiten auf einen Punkt konzentriert sind", begründet Meera ihr stilles Wirken.
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Neulinge und Profis
Auf dem Parkplatz befinden sich am heutigen Freitagabend ein Bus aus Belgien, ein paar Camper sowie etliche Personenwagen mit Schildern aus NL, D, GB. Schon kurz nach 18 Uhr, eine Stunde vor dem eigentlichen Beginn, bildet sich auf dem Platz vor der Darshan-Halle eine lange Schlange von Menschen, die auf Einlass warten.
"What's your name please?", fragt der bärtige Mann im Türeingang, der die Anmeldeliste kontrolliert, "Ihren Namen bitte". Im Innern weist ein anderer Herr darauf hin, doch bitte die Schuhe auszuziehen, alle Handys auszuschalten und sich dann möglichst leise in den Andachtsraum zu begeben.
Dieser erinnert weder an eine Kirche, noch an eine Moschee oder sonst einen heiligen Ort - Meeras Darshan-Lokal ist ein einfacher Versammlungsraum mit 200 schlichten Holzstühlen für die Gäste und einem ebenso simplen Stuhl, auf dem sie selbst vorne in der Mitte Platz nimmt.
Noch 35 Minuten bis zum grossen Moment. Wer zum ersten Mal hier ist, verrät sich dadurch, dass er neugierig umherschaut und unruhig auf seinem Stuhl herumrutscht, während die Profis bereits am Meditieren sind. Die Hände mit den Handflächen nach oben auf die Schenkel gelegt, bereiten sie sich auf die Begegnung mit der Heiligen vor.
Punkt 19 Uhr sind in der Stille Schritte vernehmbar, ein Rascheln geht durch die Menge, und schon kommt sie herein: ein roter Sari mit goldenen Aufdrucken, kontrastierend dazu ihr schwarzes Haar, zu einem dicken Zopf geflochten. Sie ist schön, schöner als auf jedem ihrer Fotos. Für sie aber scheinen solch weltliche Werte von keinerlei Belang. Klein und zierlich wirkt sie, als sie mit gesenktem Kopf den Raum durchquert und vorne in der Mitte stehen bleibt, gegen die Menge gerichtet, aber so tief in sich versunken, dass sie diese gar nicht wahrzunehmen scheint.
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Tränen und leuchtende Augen
Im Vergleich zur Ruhe und Entrücktheit, die diese Figur ausstrahlt, ist die Stimmung im Raum plötzlich erschreckend menschlich. Kaum hat Mutter Meera Platz genommen, stürzen sich mehrere Frauen und Männer nach vorn; es kommt einen Moment lang zu einem Gerangel, wer den göttlichen Segen zuerst erhalten darf. Dann aber kehrt wieder Ruhe ein, und das eigentliche Prozedere beginnt.
Person um Person kniet vor Mutter Meera auf den Boden und legt seinen Kopf in ihre Hände, zehn Sekunden vielleicht, dann richten sich die Gläubigen wieder auf, und schauen ihr in die Augen, ein paar Sekunden lang, solange bis Meera mit einem Lidschlag bedeutet, dass die Zeit um ist. Viel ist es nicht - und doch ist es gleichzeitig vielleicht auch alles.
"Ich spreche nicht, aber meine Kraft verwandelt die Menschen vollständig", sagt Meera von sich. "Die Kraft des Göttlichen wirkt in der Stille, und sie wird die Dinge entsprechend euren Zielen und dem, was ihr erbittet, verändern."
Der junge Mann mit dem halblangen Haar, Typ Schauspieler oder Musiker, kehrt mit leuchtenden Augen zu seinem Stuhl zurück. Dem älteren Mann, der gleich nach ihm an der Reihe ist, rollen die Tränen über die Wangen. Die Dame mit dem schwarzweissen Deuxpices atmet mehrmals tief durch und schreitet dann sichtbar benommen zu ihrem Stuhl zurück.
Wieder andere scheinen vergeblich auf das grosse Wunder gewartet zu haben. Ein Mann um die 50, dem Äusseren nach ein Geschäftsmann, zupft seine Frau am Ärmel und bedeutet ihr, mit dem Finger abwinkend auf sich zeigend: Also er, er habe nix gespürt - und sie?
"Als sie mich berührte, spürte ich Energie durch den ganzen Körper fliessen", beschreibt ein amerikanischer Anhänger seine erste Begegnung mit Mutter Meera. "Am nächsten Tag wachte ich ohne den ganzen Druck auf, der seit Tagen auf meiner Seele lastete. Das Licht hatte den dunklen Schatten verjagt."
"Der Blick in ihre Augen war absolut verblüffend", resümiert jemand im Internet. "Ich suchte dort vergeblich nach der Person, nach dem Ego, das normalerweise in jedem Auge wahr genommen werden kann, sondern hatte das Gefühl, in die Unendlichkeit zu blicken."
Auch die Popsängerin Madonna soll die Audienz mit Mutter Meera tief bewegt haben. "Du hast meine Seele berührt, du hast mir das Paradies zurückgebracht", beschrieb sie ihre Begegnung mit der indischen Heiligen kurz darauf in ihrem Song "Secret": "Das Glück liegt ganz in meiner Hand, aber lange habe ich dies nicht gewusst, bis du dein Geheimnis mit mir teiltest."
Auf die Frage, was bei der Begegnung mit ihr geschehe, antwortet Meera in einem Buch: "Meine Arbeit besteht aus zwei Tätigkeiten. Wenn ich beim Pranam euren Kopf in meine Hände nehme, arbeite ich am tiefen Aspekt des Seins, an eurer Seele, während ich beim anschliessenden In-Die-Augen-Schauen, dem eigentlichen Darshan, der Persönlichkeit und den Lebensumständen helfe." Meera geht aus von einer weissen Linie, die auf dem Rücken jedes Menschen verlaufe und anzeige, wie weit seine Spiritualität entwickelt sei. Diese Linie weise da und dort Verknotungen auf, die Meera lösen könne, indem sie den Kopf ihrer Besucher in ihre Hände nehme. Und indem sie den Menschen in die Augen schaue, mache sie sie bis in ihre letzte Faser offen für das transformierende Licht des Höchsten Wesens.
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Die andere Madonna
Aus der Region haben sich bis jetzt erstaunlich wenige den Segen Meeras geholt. Eine junge Frau aus dem Dörfchen Diez, die selber schon mehrmals bei Meera war, findet das nicht weiter erstaunlich: "In der Abgeschiedenheit kleiner Dörfer ist man Neuem gegenüber am Anfang doch immer kritisch eingestellt."
Doch seit vor kurzem sogar die Regionalzeitung über Meera berichtete, ist man auch in der Umgebung von Balduinstein offener gegenüber der Frau aus Indien geworden. Und wenn manche vielleicht noch nicht ganz an sie als Heilige glauben, so wird sie in der Region doch überaus geschätzt. Schliesslich bringt sie Vielen hier ein Einkommen. Die Pilger aus der Fremde übernachten in den umliegenden Dörfern, sie verpflegen sich in den lokalen Gasthäusern, kaufen ein in den lokalen Geschäften.
Im Taxi zurück zum Bahnhof. Das Gespräch dreht sich wie meistens auf dieser Fahrstrecke um Mutter Meera und die Pilger, die sie aus aller Welt besuchen kommen. Sogar die Madonna soll schon hier gewesen sein, erzählen wir dem Chauffeur. "Die Madonna?", wiederholt dieser stirnrunzelnd. Der ältere Mann weiss offenbar nicht, dass es neben der Jungfrau Maria auch noch den Popstar Madonna gibt und staunt deshalb doch etwas über diese Botschaft, gibt sich dann aber versöhnlich gegenüber seinen Fahrgästen: "Ja, ja klar", entgegnet er lächelnd, "und danach fühlt man sich richtig frei im Herzen, gell ..."
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Darshan-Sitzungen mit Mutter Meera stehen allen offen.
Sie sind kostenfrei und finden jeweils Freitag,
Sonnabend, Sonntag und Montag um 19.30 Uhr statt.
Der Einlass ist jeweils um 18.15 Uhr.
Der grosse Andrang macht eine Reservation aber unerlässlich.
Sie ist täglich (außer sonntags)
möglich
von 10 bis 17 Uhr
über Telefon 0049-6436-91051 oder 0049-6436-2305, Fax: 0049 6436 - 2361.
Es muss mit rund 3 Monaten Wartefrist gerechnet werden.
Weitere Informationen unter www.japa24.de/guide_to_mother_meeras_darshan/reservations.html